Text: Hans-Werner Fotos: Hans-Werner
Auf „Tour“ sind mein Sohn Christian und ich, die echten Tour-Fans. Bei unserer Fahrt vom 09. bis 19.07.2013 zu den Etappen auf dem Mont Ventoux und nach Alpe d’Huez haben wir auf verschiedenen Stellplätzen und den an den Tour-Orten zur Verfügung gestellten Parkplätzen übernachtet. Insgesamt haben wir bei der Reise 2.210 km zurückgelegt.
Gedanken zur Tour
Die „Tour de France“ ist eine Herausforderung an Mensch und Maschine. Oder macht sich der Mensch zu einer Maschine bzw. ist er es schon? Auf jeden Fall ist es eine Faszination für jung und alt, trotz aller Begleitumstände wie Betrug oder Doping, denn dies gibt es alles schon seit den Anfängen! Kritik darf oder muss deshalb auch erlaubt sein.
„Die apokalyptischen Reiter der Tour“ eine Decollage von mir aus dem Jahr 2005 mit Ausschnitten der L’Equipe aus 2001, 2002 und 2003. Es ist keiner davongekommen, wie es sich ab 2006 gezeigt hat.
Was erwarten wir denn von den Fahrern, die innerhalb von drei Wochen ca. 3.500 km zurücklegen sollen. Dabei vielleicht an einem Tag 200 km fahren und so nebenbei sechs oder sieben Pässe der 1. Kategorie oder Ehren-Kategorie überqueren müssen. Im Ziel soll natürlich jedes Idol auf dem Podest als Sieger stehen.
Dafür erleben wir einen Kampf eines jeden Fahrers mit seinem Körper und der Landschaft, und das ist einfach großartig. Aus diesem Grund stehen jährlich fast 15 Mio. Enthusiasten an der Strecke und ich bin froh, wenn ich dabei sein kann.
Es ist auch nicht so wichtig, wer nun vorne weg fährt …
… oder möglichst schnell die Berge herunter saust.
Die Anstrengung sieht man bei den Ersten, die die Pässe erklimmen …
… und bei denen, die mit Verletzungen bzw. entkräftet hinterherfahren.
Wichtig ist der Spaß und der Dank an die Fahrer für die dargebotene Leistung.
Reisebericht
Dienstag, 09.07.2013
Die Spannung und Vorfreude steigt immer mehr. Um 08.20 Uhr sind wir bereits auf der „Piste“. Als Etappenziel habe ich mir Langres (Dep. Haute-Marne) vorgenommen. Doch bereits am „Elzer Berg“ stauen sich in der Baustelle die LKWs und somit der gesamte Verkehr. Danach kommen wir aber gut weiter und sind sehr schnell auf der ruhigeren Moselautobahn. Mittlerweile habe ich mich mit meinem jüngsten Sohn, Christian, als Fahrer abgewechselt. Dies ist ein ganz seltenes Mitfahrgefühl für mich.
In Wasserbillig tanken wir (EUR 1,221) und fahren sofort wieder auf die Autobahn bis Colombey-les-Belles (EUR 1,70 Gebühr) und wechseln auf die D 674. Im Ort sehen wir einen Routier, „Auberge Lorraine“, wo wir unsere Mittagsrast machen. Für EUR 27,50 bekommen wir zwei Menüs (griechischer Salat, hausgemachte Lasagne, Tarte des Pommes), Cola und ein Viertel Wein mit einer Karaffe Wasser. In Neufchateau fahre ich zu dem mir bekannten Lidl, um uns mit Dosencola, Wein, Käse und div. Nachtischen zu versorgen.
In Langres fahren wir zu dem SP und sehen den Parkplatz mit großen Steinen gesperrt. Die Ver- und Entsorgungsstation ist noch vorhanden. Es ist 15.30 Uhr und wir wollen noch den Rest der Tour de France-Etappe im Fernsehen schauen, also steuere ich den gegenüberliegenden Parkplatz an. Hier stehen in Reih und Glied einige Wohnmobile. Es herrscht ein Kommen und Gehen. Ich denke aber, dass das Übernachten hier gestattet ist, denn bei der Ausfahrt des Platzes befindet sich ein Hinweisschild zur Entsorgungsstation.
Auf dem Parkplatz möchten wir nicht übernachten. Außerdem ist es noch zu früh. Also fahren wir nach der Tour-Übertragung gegen 18.00 Uhr wieder weiter. Nach einem Tankstopp bei Dijon (EUR 1,331) schaffen wir es an dem Abend noch bis La Chapelle-de-Guinchay (kostenloser SP mit 20 Plätzen und kostenloser V+E).
Bis in den Abend stört ein wenig der nahe Bahnverkehr. In der Nacht ist es aber ruhig. Besonders vorteilhaft ist am Abend ein Pizzawagen vor Ort.
Tagesstrecke: 682 km
Mittwoch, 10.07.2013
Wir fahren früh wieder los und kaufen unterwegs noch ein Baguette und die L’Equipe (sehr wichtig), denn wir müssen ja über die gesamten Daten der Tour de France informiert sein.
Da ich unbedingt in Villefranche-Süd auf die kostenlose Autobahn durch Lyon fahren möchte, verfranzen wir uns ein wenig. Also wieder zurück und in Villefranche-Centre auf die Autobahn (Gebühr EUR 3,00) bis Vienne. Danach bleiben wir noch bis Montelimar-Süd auf der Autobahn (Gebühr EUR 19,30). Unser Übernachtungsziel ist Bagnols-sur-Cèze. Vor Bagnols fahren wir an Pont St. Esprit vorbei. Der Ort hat eine schöne Silhouette mit alten Häusern. In Bagnols dann die Enttäuschung. Der Stellplatz liegt an der Hauptverkehrsverbindung des Ortes an einem Kreisel.
Hier wollen wir auf keinen Fall bleiben, und starten wieder durch nach Malaucéne auf den SP am Boulodrome (kostenlos; Entsorgung 50 m oberhalb an dem anderen SP). Oben der SP ist schon voll und am Boulodrome ist es um 14.30 Uhr bereits gut gefüllt, denn im Ort findet bei der Ventoux-Etappe ein Zwischensprint statt. Auf der Fahrt haben wir in Vaison-la-Romaine im Super U eingekauft und getankt (1,33 EUR).
Ich richte schnell die SAT-Schüssel aus. Wir können zwar das Einzelzeitfahren von Tony Martin nicht miterleben, da er bereits vor der Übertragung gestartet ist. Die Anspannung am Ende bei dem Kampf um Sekunden mit Chris Froome, und die Siegerpose unseres Tony ist uns aber Freude genug. Während der TV-Übertragung habe ich uns Schnitzel mit Gnocchi gemacht. So können wir gestärkt einen kleinen Spaziergang durch Malaucéne machen. Der Trubel im Ort selbst ist nicht so groß, da die meisten Womo-Besatzungen wahrscheinlich an ihren Plätzen verharren. Kaum sind wir wieder zurück, gibt es ein starkes Gewitter mit einem kräftigen Platzregen, der auch die Luft ein wenig reinigt. Es war ganz einfach zu heiß.
Tagesstrecke: 331 km
Donnerstag, 11.07.2013
Bereits in der Frühe, es sind kurz nach 08.00 Uhr starten wir unsere Tour zum Mont Ventoux. Wir wissen noch nicht wo wir landen werden. Für die Anfahrt nehmen wir die Südseite und haben trotz der frühen Uhrzeit bereits einige Radfahrer auf der Strecke über den Col de Madeleine nach Bedoin. Überall stehen an der Straße bereits Wohnmobile. Die Spannung steigt, denn wo wird unser Platz sein? Schon hinter Bedoin sind die Parkplätze gut gefüllt. In den Steigungen von 11 % im Wald müssen wir den Radfahrern im Anstieg und den uns entgegen rasenden Abfahrern ausweichen. Die links und rechts parkenden Womos werden mit Fahnen und Plakaten geschmückt.
Als wir das Chalet Reynard erreichen, wird mein Plan über den Haufen geworfen, dort zu stehen. Der gesamte Bereich ist abgesperrt. Nach einem kurzen Stopp sagt Christian, dass wir weiter nach oben fahren sollen. Ich bin skeptisch. Nach zwei Kurven sehen wir aber vor uns die mir bekannte Freifläche mit vielen weißen Dächern ausgefüllt.
Auch wir fahren ab und finden einen wunderschönen Platz, etwa hundert Meter von der Straße weg, mit einer herrlichen Aussicht auf den „windigen Berg“.
Auf dem Platz ist die Infrastruktur bestens geregelt. Müllcontainer, Toiletten und eine Kassettenentleerung ist vorhanden. Morgens kommen dann noch mehrere Bäcker und ein Bauer mit Obst.
Unser Platz ist nur 5,5 km unterhalb des Gipfels. Deshalb machen Christian und ich uns auf den Weg nach oben. An der Straße entlang reihen sich weiterhin die Wohnmobile. Teilweise sind sie richtig in den Steinen eingegraben. Manche hängen aber auch richtig am Abgrund. Die ganz hartgesottenen stehen mit den Hinterrädern bereits im abfallenden Bereich und das Heck schwebt über dem Abgrund. Ich könnte darin nicht schlafen.
Am Gedenkstein für den dort verstorbenen Radrennfahrer, Tom Simpson, können auch wir uns bei einem kurzen Halt nicht vor den Gedanken zum Thema Doping verschließen.
Die letzten Meter ziehen sich in der brütenden Hitze. Nach knapp über zwei Stunden sind wir oben. Die Aussicht ist wunderbar. Überall stehen die Radfahrer; es wird fotografiert, was nur möglich ist. Die Freude und der Stolz über die erbrachte Leistung sind riesengroß. Auch von mir ein wahrhaft anerkennendes „Hut ab“. Ob natürlich Väter, wie von uns beobachtet, ihre Kinder auf den Berg treiben müssen, erscheint mir doch sehr fraglich.
Auf dem Weg nach unten, sausen die Radfahrer mit einem irrwitzigen Tempo an uns vorbei. Bei jeder Kurve denke ich, dass es nun für den ein oder anderen vorbei ist. Auch wir bewältigen den Rückweg schneller, und sind nach einer Stunde und fünf Minuten wieder am Wohnmobil.
Nun beginnt das große Warten auf die Tour. Wir lesen, spielen und schauen das Tour-Programm. Außerdem gibt es genügend Neuankömmlinge, die man beim Einparken beobachten kann.Und ein abendliches Gewitter bringt etwas Abkühlung.
Tagesstrecke: 29 km
Freitag, 12.07.2013
Neben uns installieren sich zwei junge Iren, Jonathan und Kieran. Sie sind mit dem Flieger herüber gekommen und haben sich ein Womo gemietet. Jetzt müssen erst einmal die total zerlegten Rennräder wieder zusammen gebaut werden.
Nachmittags gehen wir zum Chalet Reynard und schauen uns dort das Treiben an. Für je zwei Bällchen Eis bezahlen wir insgesamt EUR 7,20. Es hat uns aber trotzdem geschmeckt. Die Tour im Fernsehen schauen, faulenzen, dies ist unser Programm. Vor dem Womo sitzend kann man auch zur Abwechslung hoch zum Mont Ventoux sehen und die vorbei ziehenden Wolken beobachten. Und auf der Straße ist auch genug los. Zum Glück ist es hier windig. Ansonsten würden wir die Hitze nicht aushalten.
Tagesstrecke: 0 km
Samstag, 13.07.2013
Der Tagesablauf gleicht im Großen und Ganzen dem Vortag. Immer mal wieder kommen die Ranger des Nationalparks vorbei und schauen nach dem Rechten. Grillen und Feuer anmachen ist strengstens verboten. Vorne an der Straße stehen mehrere Feuerwehr-Fahrzeuge mit ihren Besatzungen.
Mittlerweile ist auch schon ein Imbissstand aufgebaut worden. Es gibt Frites, belegte Sandwichs und Würstchen. Außerdem gibt es nebenan noch einen Getränkeausschank.
Am Abend beginnt das große Feiern. Blasmusik aus Bayern paart sich mit französischer Popmusik aus großen Lautsprechern. Bis weit in die Nacht haben wir musikalische Unterhaltung.
Tagesstrecke: 0 km
Sonntag, 14.07.2013
Heute ist der große Tag. Mittlerweile befinden sich nach inoffiziellen Angaben fast 3000 Wohnmobile und 1,5 Mio. Menschen irgendwo auf dem Berg. Bereits in aller Frühe ziehen viele Zuschauer mit ihrem Gepäck nach oben. Auch zahlreiche Radfahrer sind noch unterwegs. Die Straße bevölkert sich immer mehr. Auch wir gehen immer wieder hin. Die „Tricolore“-Flugstaffel braust über uns hinweg.
Bevor die Werbe-Karawane kommt, lässt die Polizei keine Radfahrer mehr hoch und nachher auch runter. Es heißt für jeden Radfahrer absteigen. Auch Diskussionen helfen nichts. Trotzdem steigen Viele etwas später wieder auf und fahren weiter.
Das Spektakel beginnt. Die Werbe-Karawane saust vorbei. Sie sind spät dran.
Und als alle aufgrund der Vorberichterstattung denken, dass nun Contador das letzte Stück des Berges als erster in Angriff nehmen wird, stürmen Froome und Quintana an uns vorbei. Froome schaut sich nach seinem Mitstreiter um, ein kurzer und schneller Antritt und schon hat er mehrere Meter zwischen sich und Quintana gebracht. Jetzt ist kein Halten mehr.
So nach und nach kommen die weiteren Fahrer, und die Strapazen stehen ihnen im Gesicht geschrieben. Zweihundertundzwanzig Kilometer Anfahrt, bei Temperaturen von über 30 ° im Schatten, und fünfzehn Kilometer Aufstieg mit durchschnittlich 9 % Steigung liegen hinter ihnen. Dann sehen sie schon die weiße Kuppe des Berges, und die letzten fünfeinhalb Kilometer werden zur Qual. All dies sieht man in den Gesichtern.
Die Zuschauer schreien und hüpfen herum, dabei möchte jetzt jeder Rennfahrer für sich alleine sein. Wenn „Verrückte“ meinen, sie müssten den Fahrer anschieben, kommt nur noch ein stummes Kopfschütteln.
Aber rund um die Fahrer herrscht Partystimmung. Auch die letzten Rennfahrer, die sich den Berg hinauf quälen, werden noch bejubelt.
Und plötzlich ist alles vorbei. Die Zuschauer laufen auf der Straße kreuz und quer zu ihren Autos. Vor den Wohnmobilen wird noch gefachsimpelt. Zur gleichen Zeit liegen oben einige Fahrer unter Sauerstoffmasken.
Wir rechnen mit einem großen Abreiseverkehr und beschließen, die Weiterfahrt erst morgen anzugehen.
Tagesstrecke: 0 km
Montag, 15.07.2013
Es sind noch immer viele Wohnmobile auf ihren Plätzen. Der Abreiseverkehr beginnt erst jetzt so langsam. In der Nacht wurde bereits die gesamte Technik am Ventoux abgebaut. Wir wollen heute über die Nordseite runter nach Malaucéne.
Unsere irische Nachbarn fahren mit dem Rennrad hoch auf den Ventoux, über die Nordroute herunter und über Bedoin wieder hoch zum Wohnmobil. Wir haben die gleiche Abfahrt gewählt. Nach kurzer Zeit überholen wir sie beim Aufstieg zum Ventoux. Nun geht es auf einer sehr steilen und leicht nach außen abfallenden Straße abwärts. Bei der unterhalb liegenden Skistation muss ich das erste mal anhalten. Die Bremsen des Womos fangen an zu stinken. Einige Kilometer später halte ich noch einmal an. Vor mir steht ein französisches Womo, bei dem die rechte Vorderbremse Flammen geschlagen hat. Die Plastik-Radkappe ist teilweise weggeschmolzen. Gerade überholen uns die beiden Iren bei ihrer rasanten Abfahrt mit den Rädern.
Nach 25 km haben wir es geschafft und sind auf dem SP in Malaucéne. Vor der Entsorgung stapeln sich aber so viele Wohnmobile, so dass ich nur die Kassette entleere. Über Vaison-la-Romaine, hier sind aufgrund des morgigen Etappenstarts alle Plätze belegt und wir können keinen Supermarkt anfahren, und Nyons fahren wir in eine wunderbare Schlucht entlang der Eygues bis Serres.
Morgen kommt hier auch die Tour entlang. Wir machen erst einmal eine kleine Mittagsrast für ein schönes 3-Gang-Menü.
Mit einem Schlenker nach Norden fahren wir dann in Aspres-sur-Buech über den Col de la Croix Haute …
… nach Treffort, südlich von Grenoble. Dort ist unterhalb des Dorfes ein schöner Gebirgssee und ein Stellplatz (Gebühr 9,00 EUR/ 24 Std. inkl. Ver- und Entsorgung). Hier können wir wunderbar relaxen nach der sehr anstrengenden und heißen Fahrt.
Tagesstrecke: 191 km
Dienstag, 16.07.2013
Sehr früh am Morgen sitzen wir mit einer Tasse Kaffee in der Hand, schauen auf den See und warten darauf, dass die Sonne über den Berg kommt.
Nach dem Entsorgen geht es dann erst einmal andersherum wie gestern Abend. Heute starten wir am See bei 474 Höhenmeter, klettern auf 825 m um dann wieder auf ca. 350 m um Grenoble herum zu fahren.
Kurz vor Le Bourg d’Oisans tanke ich noch mal voll (EUR 1,327), damit die Weiterfahrt am Donnerstagabend reibungslos erfolgen kann. Gegen Mittag erreichen wir Bourg d’Oisans, wo wir auf der Suche nach einem Platz für unser Wohnmobil noch ein wenig kreiseln.
Dabei finden wir eine als Parkplatz ausgewiesene Wiese, in der Nähe des Kreisels, wo es wenige Meter dahinter in den Anstieg nach Alpe d’Huez geht. Die Gebühr für drei Nächte beträgt EUR 20,00. Nur die Müllentsorgung ist darin beinhaltet. Der Casino-Supermarkt liegt gegenüber. Wir sind noch bei den Ersten, so stehen wir auch gut, um vorzeitig abfahren zu können.
Wir machen einen Spaziergang durch den Ort, der überall geflaggt ist. Der Innenbezirk ist vollkommen mit Radfahrern belagert, die schon auf der Alpe waren, oder noch hinauf wollen.
Wir laufen ebenfalls mal in die Richtung, gehen bis kurz unterhalb der ersten Kehre, verkürzen den Weg mit Hilfe eines steilen Anstieges und brechen das Unternehmen nach 150 m wieder ab. Es ist zu steil und zu heiß.
Auf dem Rückweg treffen wir auf „El Diablo“ den Tour-Teufel, der hier an der Straße sein Lager aufgeschlagen hat. In einem kleinen Gespräch konnte ich auch erfahren, warum er in den letzten Jahren im Fernsehen ausgeblendet wurde, jetzt aber wieder gezeigt wird. Die vielen Reisen zur Tour de France machen ihm ja nicht nur Freude, sie kosten auch richtig Geld. Als er Sponsoren auf seiner Montur „spazieren“ trug, wurde er nicht mehr im Fernsehen gezeigt. Als ihm die Sponsoren wieder abgesprungen sind, kam er wieder ins Bild bei den Tour-Übertragungen.
In diesem Gespräch lernte ich einen sehr ruhigen und sympathischen Menschen kennen, obwohl ihm viele Zuschauer und Radfahrer doch sehr auf die „Pelle“ rückten, und seine Privatsphäre einschränkten.
Bei dem Wohnmobil sind es im Schatten unter der Markise 41 °. Ich wasche mich kalt ab und lege mir einen nassen Waschlappen auf den Kopf. Christian ist noch einmal mit Fahrrad los. Nach zwei Kehren hat er aber wieder abgedreht.
Abends kommen „unsere“ zwei Iren auf den gleichen Übernachtungsplatz. Es gibt ein freudiges Hallo und wir erfahren die Neuigkeit, dass beide morgen die Alpe hinauffahren wollen und anschließend über den Col de Sarenne wieder hinunter kommen wollen.
Tagesstrecke: 70 km
Mittwoch, 17.07.2013
Die Nacht war ruhig. Irgendwann in der Morgendämmerung hörte ich die spezielle Hupe eines Tourlaster, der die Kehren der Alpe erklomm. Christian holte im Ort Zeitungen und wir sind ein wenig faul. Um 10.36 Uhr sehen wir die Iren wegfahren. Wir schauen das Einzelzeitfahren. Um 15.30 Uhr sind die beiden immer noch nicht zurück. Da es auch bei uns in der Zwischenzeit geregnet hat, machen wir uns schon Gedanken, da gerade die Abfahrt vom Col de Sarenne sehr gefährlich ist.
Gerade zeigen sie im Fernsehen, dass Tony Martin immer noch Achter ist und es beim Zeitfahren fürchterlich regnet. Die Straßen sind in der Abfahrt jetzt sehr rutschig und somit wahnsinnig gefährlich. So nach und nach fällt unser Tony aber immer weiter zurück.
Für ihn ist die Zeitfahrstrecke zu hügelig. Kurz vor 16.00 Uhr sehe ich Jonathan und Kieran wieder zurückkommen. Die Abfahrt soll durch den Regen und den schlechten Straßenbelag sehr gefährlich gewesen sein. Über das Vorderrad und den Lenker sind sie teilweise regelrecht durchgerüttelt worden.
Abends ist auf einer Bühne in der Fußgängerzone Musik. Von allen Seiten kommen aber dunkle Wolken und ich gehe schnell zurück zum Wohnmobil. Kaum bin ich dort, geht auch schon das Gewitter los.
Tagesstrecke: 0 km
Donnerstag, 18.07.2013
Bereits am frühen Morgen ziehen die ersten los. Wir haben noch Zeit, da Christian nur an den Kreisel möchte und ich es bis in die erste Kehre im Anstieg auch nicht weit habe.
Wir spazieren noch etwas durch den Ort und beim Stellplatz unterhalte ich mich mit Signore Luciano Berruti. Er hat in Cosseria (Italien) ein Fahrradmuseum. Nach Bourg d’Oisans ist er mit einem Rennrad gekommen, mit dem bereits 1908 die Tour de France gefahren wurde.
Wir schauen uns noch den Anfang der heutigen Etappe im Fernsehen an und gehen dann auch an die Strecke.
Mir gegenüber hat sich Didi Senft, der Tour-Teufel, postiert. Überall werden Fahnen geschwenkt und vorbeifahrende Tour-Autos mit Honoratioren bejubelt.
Das dumpfe Brummen der Hubschrauber kommt schon näher und die ersten Polizei-Motorräder bahnen sich eine Gasse durch die nun wartenden und immer dichter stehenden Fans. Jens Voigt ist in einer Ausreißergruppe drin, die gegenüber der Gruppe mit dem „gelben Trikot“, Chris Froome, noch acht Minuten Vorsprung hat.
Doch wird von der Mannschaft SKY, an der Spitze des Hauptfeldes, mittlerweile ein höllisches Tempo vorgelegt.
Der Auftstieg nach Alpe d’Huez vollzieht sich in drei Stufen und 21 Kehren nach oben. Der Sprecher im Fernsehen hat vorhin gesagt, dass die Rennfahrer dreimal wie gegen eine Wand fahren, wenn sich die Kehren an dem Hang nach oben winden. Erst kommt ein kleines „Flachstück“ (zwischen nur 6,5 % – 8 %), bevor es dann wieder auf 10 % oder 11,5 % Steigung geht. Heute gilt es für die Fahrer diesen Berg zweimal zu bezwingen.
Kleine Gruppen oder Einzelfahrer quälen sich an uns vorbei. Anschließend kommt die Karawane der Team-Fahrzeuge. Ich laufe jetzt schnell zurück zum Wohnmobil, um den zweiten Aufstieg und letztendlich die Zieldurchfahrt im Fernsehen zu schauen.
Endlich gibt es heute den ersten Etappenerfolg eines französischen Fahrers. Christophe Riblon von der Mannschaft AG2R la Mondiale hat die Franzosen jubeln lassen. Die Mühen von Jens Voigt wurden leider nicht belohnt. Auch im zweiten Anstieg war er noch vorne dabei. Doch dann kam der große „Hammer“, und er wurde noch bis zum 51. Platz durchgereicht.
Ab 17.30 Uhr soll die Straße wieder frei sein. Wir wollen heute noch nach Challes-sur-Eaux, in der Nähe von Chambéry fahren. Also packen wir nach der Übertragung alles ein und fahren bei den Ersten runter von unserem Platz und befinden uns mit den vielen anderen Ersten in einem Stau aus Bourg d’Oisans raus. Aus allen Ecken drängen die Autos auf die Straße in Richtung Grenoble. Zwischendurch wuseln sich die Radfahrer talwärts. Mittlerweile hat uns ein Gewitter erwischt und es kommt ein wahnsinniger Wolkenbruch herunter.
Im „stop and go“ kommen wir vorwärts. Sirenengeheul kündigt eine Polizeikarawane an, die im Konvoi möglichst schnell durchkommen möchte, um pünktlich Feierabend zu haben. Alle anderen Fahrzeuge müssen deshalb warten. Bei Grenoble fahre ich auf die Autobahn. An der Zahlstelle werde ich zum ersten Mal in Klasse 3 eingestuft. Da ich schon ein wenig durch das immer noch anhaltende Unwetter genervt bin und weiter will, möchte ich nicht diskutieren und bezahle die 12,00 EUR.
In Challes-sur-Eaux fahre ich auf den Stellplatz (kostenlos mit Ver- und Entsorgung), der sich im Kurpark unweit des Spielkasinos befindet. Ich quetsche mich noch in eine Ecke, ansonsten sind alle ca. zwanzig Plätze belegt. Und nach mir kommen noch mehr Wohnmobile, die den gleichen Gedanken wie ich hatten.
Tagesstrecke: 105 km
Freitag, 19.07.2013
Heute sind wir schon früh wach und können um 08.00 Uhr bereits losfahren. Wieder geht es auf die Autobahn und über Aix-les-Bains und Annecy in Richtung Genf. An der Zahlstelle erscheint wieder Klasse 3. Diesmal melde ich mich an der Sprechanlage mit dem Hinwies auf den „Camper“. Schon springt die Anzeige von 26,70 EUR auf 18,30 EUR.
Für die Schweiz kaufe ich mir die Vignette, da wir im Herbst sowieso noch einmal durchfahren. Wir sind ganz flott in Basel und fahren rüber nach Mulhouse und auf die Straßburger Autobahn. Um 15.15 Uhr sind wir schon in Lauterbourg, Grenzort zwischen Elsass und Pfalz. Dort kaufen wir noch ein, tanken und schauen den Schluß der heutigen Tour-Etappe.
Eigentlich wollten wir heute nur bis Neustadt/a. d. Bergstraße fahren. Es ist 17.22 Uhr und wir fahren schon durch den Wald vor Kandel. Beide sind wir deshalb der Meinung, dass wir bis nach Hause durchfahren. Wir haben uns heute schön beim Fahren abgewechselt, so dass keiner übermüdet ist. Um 19.45 Uhr stehen wir bei uns vor dem Haus und Lena kann uns wieder in die Arme schließen.
Tagesstrecke: 774 km
Gesamtstrecke: 2.210 km