Ein Blick zurück – Diesen Bericht schreibe ich im Mai 2024. Die Reise fand aber in den Osterferien 1988 statt. Zu dieser Zeit gab es noch kein Handy, kein Tablet, kein Navi und kein World Wide Web. Alles was wir an Unterlagen und Wissen hatten, gab es nur auf Papier – Straßenkarten und Reiseführer. Es gab noch kein Vereinigtes Europa ohne Grenzkontrollen. An den Euro hat noch niemand gedacht. Was für eine Welt!
Viele Fakten oder Ereignisse aus dem Bericht kann man sich heute, nach nicht ganz 40 Jahren, überhaupt nicht mehr vorstellen. Allein schon die Logistik: Welche Auslandswährungen nehmen wir mit? Wieviel brauchen wir von den einzelnen Währungen? Wo tauschen wir um, da Um- oder Rücktausch immer Verlust bedeuten? Für wieviel DM benötigen wir noch Reiseschecks zur Sicherheit? Grenzkontrollen innerhalb von Europa; Campingplätze oder Freistehen an der türkischen Küste; Behinderungen in den Ländern des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“. Das waren alles Dinge über die man sich heute kaum noch Gedanken machen muss.
Vorwort – Seit Ende Juni 1987 sind wir stolzer Besitzer unseres ersten Wohnmobiles. Wir haben uns nach vielen Jahren Zelturlaub so langsam aneinander gewöhnt und die Annehmlichkeiten des Wohnmobils schätzen gelernt. Dies ist nun unsere erste große Reise mit dem Wohnmobil. Grundlage für den Reisebericht sind die Aufzeichnungen von Lena, die von mir übernommen bzw. teilweise überarbeitet wurden. Die Fotos sind digitalisierte alte Dias von uns.
Wir haben uns etwas „Großes“ vorgenommen und sind bei unserer Rundreise, in der Zeit vom 25.03. bis zum 17.04.1988, über Österreich, Jugoslawien und Griechenland in die Türkei, und dort bis Antalya gefahren. Auf dem Rückweg haben wir Pamukkale, Bursa, Istanbul, Bulgarien, Jugoslawien, Ungarn und Österreich passiert. In den 24 Tagen haben wir 7.318 km hinter uns gebracht. Im Nachhinein betrachtet ist es zwar eine lange Fahrstrecke gewesen, wir haben es aber außer durch Jugoslawien und Bulgarien nirgends als wirklich stressig empfunden.
Vor 13 Jahren, also 1975, waren wir das erste Mal in der Türkei. Damals sind wir mit der Kreisvolkshochschule nach Istanbul geflogen und von dort mit dem Bus über Troja nach Izmir und Ephesus, dann mit einem Inlandsflug wieder nach Istanbul und von dort nach Hause geflogen. Dieses Mal soll die Reise noch viel intensiver mit dem Wohnmobil erfolgen.
Text: Hans-Werner Fotos: Hans-Werner und Lena
Freitag, 25.03.1988
Laut Kalender ist der Winter vorbei und wir starten um 12.30 Uhr mit dem Wohnmobil zu unserer dreiwöchigen Reise in die Türkei. Länger sind leider die Osterferien von Lena und unseres Sohnes Markus nicht.
Bei unserer Abfahrt regnet es in Limburg. Im Westerwald und Taunus schneit es in höheren Lagen, und laut den Nachrichten erstickt die Alpenregion fast im Schnee. Für eine Fahrt ins Unbekannte ist dies keine besonders gute Ausgangssituation. Die Autobahnfahrt verläuft ruhig. Nach einem kurzen Stopp auf dem Rastplatz beim „Wirtshaus im Spessart“ fahren wir weiter in Richtung München. Das Wetter schlägt Kapriolen. Es schüttet, hagelt und stürmt. Bayern3 meldet um München Windhosen und Sturmböen.
In Eching tanken wir Diesel für 88,9 Pfg/l und bezahlen eine Scheckgebühr von 50 Pfennig. Gegen 20.00 Uhr erreichen wir Holzkirchen und fahren zu dem uns schon bekannten Gasthof „Zur alten Post“. Es gibt Lüngerl, Schweinebraten und Rahmrostbraten mit Semmelknödel, Champignons und Salatteller.
Wohl genährt fahren wir weiter in Richtung Tauerntunnel. Zunächst schüttet es wieder und mit der Zeit geht der Regen in Schnee über. Kurz vor dem Tauerntunnel haben wir dann eine geschlossene Schneedecke. Ohne Winterreifen und mit angehaltenem Atem schaffen wir es gerade noch in den Tunnel. Für die Maut bezahlen wir 100 österr. Schillinge. Zum Glück geht der Schnee auf der Südseite der Tauern wieder in Regen über.
Um 24.00 Uhr kommen wir auf den Rastplatz Eisentratten. Lena und ich nehmen noch einen kleinen Imbiss. Markus schläft schon tief und fest.
Tagesstrecke: 735 km
Samstag, 26.03.1988
Hier in Kärnten scheint die Sonne und weckt uns zu einem weiteren Fahrtag. Trotzdem ist es frostig und nur noch auf den Bergen liegt Schnee. Kurz nach 09.00 Uhr fahren wir nach einem feudalen Frühstück in dem tollen Rasthaus los. Unseren nächsten Stopp legen wir am Rastplatz Töschling-Süd ein. Die Aussicht auf den Wörther See ist grandios und regt zum Frühsport an.
Bereits um 11.30 Uhr haben wir die Fahrt über den anstrengenden Loibl-Pass hinter uns gebracht, und stauen im Tunnel nach Jugoslawien.
Die Grenze nach Jugoslawien passieren wir ohne Kontrollen. Die Fahrt führt uns über Ljubljana nach Belgrad. Es regnet bzw. schüttet wieder. Wir bezahlen insgesamt 55.800 Dinar (83,70 DM) an Maut. Irgendwo zwischen Belgrad und Nis halten wir an einem Rastplatz und legen uns schlafen. Dort tanken wir auch für umgerechnet 89 Pfg./l.
Tagesstrecke: 807 km
Sonntag, 27.03.1988
Um 10.00 Uhr (inzwischen Sommerzeit) fahren wir weiter. Die Fahrt durch Jugoslawien nervt und schlaucht. Erst hinter Skopje wird es landschaftlich interessant. Vielleicht liegt es aber auch an der Sonne, die endlich mal wieder scheint. Es gibt schöne Schluchten und gegenüber sehen wir eine Einsiedelei, und Kühe auf der Autobahn (Autoput).
An der griechischen Grenze werden wir ausgiebig kontrolliert und nach der Einfuhr von Elektrogeräten befragt. Das Autokennzeichen wird bei Lena, da sie die Halterin ist, in den Reisepass eingetragen. Wir haben alleine durch Jugoslawien 1.152 km zurückgelegt.
In Thessaloniki tanken wir für umgerechnet 50 Pfg./l. Dann folgen wir den Schildern nach Kavala. Trotz großer Skepsis finden wir die richtige Straße, die uns erst auf eine Schlaglochpiste führt, dann aber als gut ausgebaute Straße weitergeht. Ungefähr 90 km hinter Thessaloniki suchen wir uns ein Retaurant. Markus schläft schon im Alkoven. Lena und ich genießen noch bei Kalamares und Patates den Abend am Meer und lassen uns 1 Liter Retsina schmecken (1.250 GRD = 16,90 DM) .
Danach schlafen wir bei dem schrägen Platz und vom Sturm durchgerüttelt nicht ganz so bequem.
Tagesstrecke: 616 km
Montag, 28.03.1988
Früh am Morgen geht es um 07.00 Uhr wieder los. Stundenlang zockeln wir durch alle möglichen Landschaften nach Osten, mal am Meer, mal im Gebirge, ab und zu ist die Straße toll und dann wieder chaotisch. Nicht immer finden wir in den Orten auf Anhieb die richtige Straße. Denn hier in Alexandroupolis gibt es nur noch Schilder mit griechischen Buchstaben, und die kennen wir noch nicht so gut, vor allem bei der Vorbeifahrt.
Zu Mittag halten wir irgendwo an und essen Schweinekotelett, Tomatensalat, Brot, Retsina, Cola und Mokka für 1.700 GRD (23,00 DM).
Um 15.10 Uhr erreichen wir bei Kipol die türkische Grenze. Wir müssen über eine Grube hinweg fahren und das Auto wird dabei von unten kontrolliert. Ich tausche auch noch etwas Geld in türkische Lira um. Es ist jetzt 15.40 Uhr und die Kontrollen sind zu Ende.
Unser Weg führt uns über Kesan und Gelibolu direkt runter zur Küste nach Eceabat, denn wir wollen mit der Fähre nach Canakkale übersetzen.
Und dann warten wir stundenlang auf einen Platz auf einer der Fähren. Ein paar Jungen putzen uns die Fenster und wollen DM oder Schokolade. Ich geb ihnen ein Frisbee, das nehmen sie auch. Für solche Gelegenheiten habe ich mir extra einige Werbeartikel mitgenommen.
Zwei Fähren sind nun schon abgefahren und wir sind wegen der vielen LKW’s immer noch nicht dran. Um 20.00 Uhr dürfen wir dann für 10.600 TL (14,60 DM) übersetzen.
Drüben auf dem asiatischen Teil der Türkei wollen wir noch bis Burhanyie auf den Campingplatz „Altin Camp“. Gegen 23.00 Uhr kommen wir dort, nach einer anstrengenden Fahrt zwischen vielen LKW’s und über einige Berge und vielen Schlaglöchern, an. Draußen ist es stockdunkel.
Auf dem Campingplatz sind alle Serviceeinrichtungen wegen der Vorsaison noch geschlossen. Den Nachtwächter fragen wir nach Möglichkeiten, etwas Brot und Wurst zu bekommen. Er kann uns aber nicht weiterhelfen. Die Verständigung ist auch nicht möglich. Aber um 01.30 Uhr, wir schlafen schon lange, klopft es ans Wohnmobil, und der Nachtwächter bringt uns Brot und Käse, damit wir nicht verhungern. Er hat extra seinen Wachposten verlassen (!!!) und ist mit seinem Moped Nachhause gefahren, um für uns Essen zu holen.
Tagesstrecke: 590 km
Dienstag, 29.03.1988
Endlich sind die Tage der langen Anfahrt vorbei. Wir haben gut geschlafen. Beim Frühstück scheint die Sonne.
Gegen Mittag bummeln wir durch Burhaniye, essen gut und billig in einer Döner-Stube für 6.400 TL (8,80 DM) und kaufen noch Raki, Wein und Cola für 9.600 TL ein.
Im Wohnmobil haben wir zwar reichlich Konserven mit, es hat sich aber gezeigt, dass die Mahlzeiten in den einfachen Arbeiterrestaurants viel preiswerter sind. So können wir uns die Konserven für die Heimfahrt aufheben.
Wir laufen noch zum Nachbarort und sitzen dann an unserem schönen Strand in der Sonne. Markus spielt im Sand und hat ein ganz seltsames Wesen gefunden. Es ist ein Schneckenhaus mit einem Einsiedlerkrebs und einer Seeanemone auf dem Rücken.
Gegen Abend gibt es rundherum Gewitter und bei uns stürmt es, ähnlich dem Mistral in der Camargue.
Tagesstrecke: 0 km
Mittwoch, 30.03.1988
Ich bezahle den Campingplatz (13.600 TL für 2 Nächte = 18,75 DM) und dann fahren wir zunächst nach Bergama (Pergamon).
Pergamon war im 3. und 2. Jhdt. v. Chr. die Hauptstadt des Reiches der Attaliden. Sie hatten bei ihren Bauten Athen als Vorbild. Auf dem Burgberg erhebt sich die Akropolis. Der Eintritt für den Burgberg kostet uns 1.000 TL. Die Anlage ist sehr beeindruckend.
Unser Mittagessen nehmen wir in dem gleichen Lokal wie vor 13 Jahren ein. Wir sind treu. Ich lasse ab sofort die Preise weg, da es ja mittlerweile jedem klar sein muß, auf welchem Preisniveau wir in der Türkei unterwegs sind.
Anschließend besichtigen wir noch das Asklepion (ein antikes griechisches Heiligtum des Asklepios mit angeschlossenem Sanatorium), …
… dann fahren wir weiter nach Izmir. Der Stadtverkehr ist total chaotisch. Trotzdem schaffen wir es noch bis nach Kusadasi und entscheiden uns für den „Önder Camping“.
Kusadasi ist vom Massentourismus geprägt und wir essen im Verhältnis sehr teuer in einem Hafen-Restaurant zu Abend. Da kaum Strand vorhanden ist, beschließen wir nicht länger hier zu bleiben.
Tagesstrecke: 300 km
Donnerstag, 31.03,1988
Nach einem ausgiebigen Frühstück „brechen wir unsere Zelte ab“ und fahren nach Ephesos. Da wir bei unserem ersten Besuch, die Ausgrabungen nicht besuchen durften, weil der persische Schah Reza Pahlevi dort zu einem Staatsbesuch weilte, können wir diesmal, trotz eines hohen chinesischen Besuches, die Ruinen besichtigen.
Die ionische Besiedlung von Ephesos, die man heute noch sehen kann, begann 294 v. Chr.. Es folgten erfolgreiche Jahre, die auch nicht durch die Übernahme der Römer in 133 v. Chr. unterbrochen wurden. Die Stadt wuchs auf 250.000 Einwohner an. Den restlosen wirtschaftlichen Einbruch erlitt Ephesos durch den Überfall der Goten im Jahre 262 n. Chr..
Die mit Marmor gepflasterte Hafenstraße (Arkadiane) war 500 m lang und 11 m breit und führte vom Theater bis zum Hafen und war mit kleinen Läden ausgestattet. Es war die erste Straße weltweit, die nachts beleuchtet wurde.
Die Celsus-Bibliothek wurde 135 n. Chr. von einem Herrn Aquilla zu Ehren seines Vaters Juventius Celsus (Celsus filius) erbaut, der römischer Statthalter von der Provinz Asia war.
Statue des Schmitt filius
Das Amphitheater ist riesig und die Ruinenstadt breitet sich über eine Fläche von 415 ha aus. Das antike Ephesos hatte etwas außerhalb eine Meeranbindung. Seitdem hat sich das Meer aber immer weiter zurück gezogen.
Das Große Theater hatte eine Höhe von 38 m und eine Breite von 130 m. Wenn man die Arkadiane vom Hafen heraufkam, war das Bauwerk ein geradezu wuchtiges Pendant. Der Baubeginn wird auf 270 v. Chr. datiert. Es folgten mehrere Umbauten, bis das Theater zuletzt Platz für 24.000 Zuschauer bot.
Der Ausblick vom Theater über die Untere Agora zur Celsus-Bibliothek ist sehr beeindruckend.
Auf der Fahrt nach Selcuk tausche ich in einer Bank meinen ersten Euroscheck in die Landeswährung um, und erhalte für 300,00 DM = 220.578 TL.
So im Vorüberfahren sehen wir die Artemissäule, auf der sich ein Storch niedergelassen hat. Sie ist ein rekonstruiertes Überbleibsel des Artemistempels. Das erste Bauwerk von 460 v Chr., was aufgrund der Ausmaße und Ausstattung als eines der sieben Weltwunder der Antike galt, wurde kurz nach der Fertigstellung durch Brandstiftung zerstört. Der sofort erbaute zweite Artemistempel hielt bis zum Jahre 262 n. Chr. , bis die Goten ihn endgültig zerstörten.
In einem Grillrestaurant von Selcuk essen wir gut zu Mittag. Hinterher gibt es vom Restaurant Parfüm zum Reinigen der Hände.
In Selcuk besichtigen wir auf dem Stadthügel Ayasoluk die Überreste der Johannesbasilika. Sie gehörte zu den größten Sakralbauten des Byzantinischen Reiches, und wurde im 6. Jhdt. von Kaiser Justinian I. über dem vermuteten Grab des Evangelisten Johannes erbaut. Der kreuzförmige Kirchenbau hatte eine Länge von 110 m.
Am Fuße des Ayasoluk steht die Isabei-Moschee aus dem 14. Jhdt..
Auf dem Parkplatz erstehe ich dann noch drei Lacoste T-Shirts, die hier hergestellt werden. Wegen der Witterung Zuhause habe ich natürlich nichts Kurzärmeliges eingepackt.
Von hier aus fahren wir zu der Marien-Kapelle etwas außerhalb von Selcuk, an deren Stelle soll das letzte Wohnhaus Marias, der Mutter Jesu, gestanden haben. Gemäß der Überlieferung hat sich Maria mit dem Jünger Johannes nach der Kreuzigung von Jesu in die Gegend von Ephesos zurückgezogen. Diese Kapelle wurde auch von den beiden Päpsten Paul VI. (1967) und Johannes II. (1979) besucht.
Das Wetter hat sich erheblich verbessert und es ist richtig warm geworden, deshalb fahren wir weiter bis Marmaris. Dabei kommen wir, teilweise auf mehrspurigen Straßen, sehr gut vorwärts.
Die Stadt macht auf uns einen sehr schlechten Eindruck. Unter Marmaris stelle ich mir nach den Prospekten ein Urlaubsparadies vor. Was wir aber sehen, hat damit nichts zu tun.
Einer Empfehlung unseres Fährhintermannes aus München/Izmir folgend, fahren wir in Richtung Datca. Wir wussten aber nicht auf was wir uns da eingelassen haben. Es geht auf eine wunderschöne gebirgige Halbinsel. Aber für 76 km von Marmaris bis Datca brauchen wir 4,5 Stunden. Inzwischen ist es dunkel geworden. Hier im Orient wird es früher dunkel. Dafür steht die Sonne ja auch früher auf.
Im Gebirge kommt es uns nicht mehr geheuer vor. Wir sehen kaum noch menschliche Ansiedlungen. Die angekündigten Campingplätze sind alle noch im Winterschlaf. Eine Tankstelle, die wir dringend benötigen, gibt es vorläufig auch nicht. Dann endlich, kurz vor Datca, sehen wir die erlösende Leuchtreklame einer Tankstelle.
Datca – ein Erlebnis. Wir sind im Dunkeln zu den Hafenanlagen, die noch neu angelegt werden, gefahren, um dort zu übernachten. Ein paar Fischerboote und einige Yachten sind da. Gegenüber in einem Lokal wird getanzt. Wir gehen noch mal durch den Ort, um wieder etwas von der Fahrt runter zu kommen, essen sehr gut zu Abend und gehen spät schlafen.
Tagesstrecke: 322 km
Freitag, 01.04.1988
Wir haben heute zwar den den ersten April, aber an so etwas hätte ich nicht gedacht. Nach einer sehr ruhigen Nacht, in der wir wunderbar geschlafen haben, werden wir morgens von Pflasterarbeiten um uns herum geweckt. Die Arbeiter scheinen sich aber nicht an uns zu stören und lassen uns in Ruhe wach werden. Wir stehen mitten auf ihrem Betätigungsfeld. Das Wohnmobil wird kurz umplatziert und der Tag kann beginnen.
Wir suchen den kleinen Sandstrand auf (es gibt noch ein paar Buchten) und Markus geht natürlich ins Meer. Markus und Wasser passt einfach zusammen, ganz egal zu welcher Jahreszeit. Ohne eigenen Temperaturtest sollte sich nie jemand an ihm ein Beispiel nehmen, das geht schief.
Nach einem kurzen Streifzug durch die Gemeinde stellen wir fest, dass wir uns in einem richtig schönen kleinen Urlaubsort befinden. Alles ist noch richtig urig, Nur durch die Umbauten an dem kleinen Hafen sieht man, dass sich Größeres anbahnt. Ansonsten wird heute gefaulenzt, nur unterbrochen von den Mahlzeiten.
Tagesstrecke: 0 km
Samstag, 02.04.1988
Heute wollen wir weiter in das nur ungefähr 210 km entfernte Fethiye. Um 07.30 Uhr fahren wir schon los, und sehen, wie toll die Landschaft auf der Halbinsel ist, durch die wir bei Dunkelheit gefahren sind. Es gibt die herrlichsten Meeresbuchten, wie norwegische Fjorde, oder wie die schwedische Küste mit ihren Schären.
Unterwegs frühstücken wir. Das Brot hat heute Morgen in Datca nur 150 TL gekostet. Das sind gerade einmal 21 Pfennig. Lena kocht dazu Salzkaffee, denn wir haben in Datca aus der Wasserleitung leicht gesalzenes Wasser erhalten.
Um die Mittagszeit erreichen wir Fethiye und nutzen die Gelegenheit um Essen zu gehen. Wir bestellen für uns Salat, einen Gulascheintopf, gefüllte Tomaten, Köfte, Reis, Spinat, Brot und drei Limo (für umgerechnet DM 10,00).
Danach fahren wir in das 12 km entfernte Küstenörtchen Ölüdeniz an den tollsten Strand mit der tollsten Lagune der gesamten Türkei. Es ist ein Traum.
In der Ferne sehen wir schneebedeckte Berge, doch hier ist das Meer einfach super. Markus testet sofort die Temperatur. Sogar ihm ist es ein wenig zu kühl. Und der Kiesstrand ist ihm etwas unangenehm unter den Füßen. Doch die Aussicht ist grandios.
Am Abend gibt es bei uns auf dem Campingplatz kalte Küche, aber wir haben in den Duschen heißes Wasser, das von einem Holzofen aufgeheizt wird. Danach färben wir noch Ostereier.
Tagesstrecke: 223 km
Ostersonntag, 03.04.1988
Markus freut sich über die Ostereier. Unsere Nachbarn bekommen auch noch etwas ab.
Wir haben mitbekommen, dass man mit einem Boot Gruppentouren an der Küste entlang machen kann. Da machen wir mit. Um 11.15 Uhr legt das Schiff ab. Es kostet pro Erwachsenen etwa DM 4,14. Zunächst geht es zu einer Bucht mit einem Wasserfall. Das Unternehmen ist ganz schön gewagt, wenn man nicht die richtige Fußbekleidung an hat. Nach gelungenem Abstieg ereilte es Lena in einem flachen, aber unebenen Gelände. Sie schrammte sich das Knie auf und die Kniescheibe schmerzt.
Wir schippern weiter zur St. Nikolaus Insel. In einem steilen und halsbrecherischen Aufstieg wird diese alte griechische Siedlung besichtigt. Lena muß leider unten bleiben. Wir finden zugewachsene Häuserruinen und alte Kirchen, bei denen an manchen Stellen noch der Mosaikboden durchkommt. Außer uns Touristen gibt es heutzutage nur noch Esel und Ziegen auf der Insel.
Als wir noch eine andere kleine Bucht anfahren, sehen wir dort eine Holzhütte, die sich als Restaurant entpuppt. Dort wird uns die Möglichkeit für ein Mittagessen angeboten!!!
Auf der Kopie der Bestellung, die später auch die Rechnung ist, steht, dass dies für „Beyaz Sapkale“ (den Mann mit dem weißen Hut) ist. Der Mann mit dem weißen Hut bezahlt dann für 2 x Menemen (Eierspeise mit Gemüse), Spaghetti, Salat, Käse, Pommes, Bier, Cola, Limo 2 x Tee insesamt 6.100 TL und gibt vor lauter Begeisterung noch 900 TL an Trinkgeld.
Nachdem wir den ganzen Tag herrlichstes Wetter hatten, bewölkt es sich während der Rückfahrt auf dem Schiff. Gut, daß Markus bereits heute Morgen ein wenig geschwommen ist. Wir kommen noch an schönen Buchten und einer heißen Quelle vorbei und gehen gegen 17.30 Uhr wieder an Land. Auf dem Campingplatz kann sich Lena endlich ihre Wunde verarzten.
Tagesstrecke: 0 km
Ostermontag, 04.04.1988
Für den CP bezahle ich TL 8.000/Nacht. Am späten Vormittag fahren wir von Ölüdeniz fort. Zunächst geht es wieder nach Fethiye.
Dort lockt uns zur Abwechslung die Außenwerbung eines chinesischen Restaurants, das aber bereits im vergangenen Jahr seine Tür endgültig geschlossen hat. Selbstversorgung ist angesagt.
Vorher suchen Markus und ich erst noch einen Berber (Friseur) auf. Haareschneiden, Rasieren und eine Kopfmassage sind angesagt.
Danach erstehen wir in einem Basar nach einigen Verhandlungen, die aber nicht zu unserem Vorteil gelangen, einen Samowar und ein Elfenbeinkästchen.
Damit wir wieder ein gefülltes Portemonnaie haben, tausche ich in der Bank noch DM 300,00 in Türkische Lira. Dadurch ist der nächste Einkauf von Raki, Wein und Orangensaft gesichert.
Bei der Fahrt in Richtung Kas, wechselt die Straßenführung ständig zwischen Küstengebirge und Küstenstraße. Dabei kommen wir an einer ganz tollen Schlucht vorbei, und besichtigen die Ruinen samt der besonders hoch gebauten Sarkophagpfeiler von Xanthos. Hier soll auch das Regierungzentrum des Lykischen Bundes gewesen sein.
Die lykischen Grabmäler, aus dem 6. und 5. Jhdt. v. Chr., ruhen auf 5 m hohen Pfeilern und sind mit Reliefplatten verziert.
Beim Bau des in den Nordhang des Stadtberges gebauten römischen Theaters hat man bewußt die älteren lykischen Grabpfeiler stehen lassen und in die Gesamtplanung mit einbezogen.
Im Hintergrund sieht man noch Teile der Agora.
Auf diesem großen Pfeilerfragment kann man die längste gefundene lykische Inschrift lesen. Alle vier Seiten waren mit Inschriften aus drei Sprachen (normale lykische Sprache, lykische Dichtersprache und griechisch) bestückt. Der Pfeiler trug ursprünglich die Grabkammer und Statue des Kherei, dem lykischen Dynasten über das Gebiet von Xanthos.
Ein Schuljunge zeigt uns ein Schulbuch, in dem der „Vater der Türken“ Mustafa Kemal Atatürk, der Begründer der Republik Türkei und ihr erster Präsident von 1923 bis 1938, abgebildet ist.
In den Ortschaften sehen wir viele Frauen, die vor ihren Häusern sitzen und Wolle spinnen, und Nomaden, die durch die Gegend ziehen.
Kas selbst ist ganz hübsch und der Campingplatz liegt schön. Er ist aber sehr schlecht ausgestattet. No Service, aber Hunde, Katzen und Hühner wuseln um uns herum.
Die Geschichte von Kas begann mit der Gründung durch die Lykier. Den eigentlichen Aufschwung erlebte das Gebiet unter hellenischer Verwaltung. Deshalb gab es auch, trotz später wechselnder Einflußverhältnisse, bis ins Jahr 1923 eine griechische Mehrheitsbevölkerung. Als Folge des griechisch-türkischen Bevölkerungsaustausches von 1923 mussten aber alle Griechen die Türkei verlassen. Übrig geblieben ist mit der Insel Kastelorizo, ein griechisches Hoheitsgebiet, welches sich direkt vor der Küste von Kas befindet.
Markus bekommt ein neues T-Shirt und wir essen im besten (teuersten) Lokal am neuen Yachthafen zu Abend. Es gab Calamaressalat, Käsesalat, Reis, gebratene Zucchini mit Ei, 2 x frittierte Calamares, 1 x Fischspieß, Bier, Wasser, Wein und Cola.
Tagesstrecke: 127 km
Dienstag, 05.04.1988
Nachdem wir noch in Kas getankt haben, fahren wir in Richtung Kale (Myra) weiter. Dabei nutzen wir die wohl schlechteste Straße der Türkei. Für die 47 km benötigen wir mehr als zwei Stunden.
Endlich angekommen, besichtigen wir die Kirche, in der der Hl. Nikolaus begraben gewesen sein soll, bevor italienische Kaufleute seine Gebeine stahlen, um sie in Bari erneut zu bestatten.
Danach gehen wir noch zu den Felsengräbern von Kale.
Nach diesen ausgiebigen Besichtigungen haben wir uns heute am Strand selbst verköstigt.
Markus konnte noch einige Runden im Meer drehen, bevor es mit dem Wohnmobil weiter durch eine Ebene mit endlosen Treibhäusern und Zitrusbäumen in Richtung Antalya geht.
Kurz vor Antalya fahren wir in Beldibi, in der Nähe von Kemer, auf einen Campingplatz. Der wird ganz toll aufgezogen und zu einer riesigen Anlage ausgebaut.
Tagesstrecke: 101 km
Mittwoch, 06.04.1988
Heute werden wir das Meer verlassen und über Antalya, unserem östlichsten Punkt der Reise, und Denizli nach Pamukkale fahren. Auf der neuen durchs Gebirge führenden Straße schaffen wir einen ungeahnten Stundendurchschnitt von 70 km. An einem Rastplatz essen wir billig zu Mittag, tanken und besichtigen dann ein Teppichdorf.
In Pamukkale fahren wir zu dem Campingplatz, der uns von Leuten aus Rosenheim, die mit einem Leihmobil unterwegs waren, empfohlen worden ist. Sie sprachen davon, dass man dort auch günstig Teppiche kaufen könne.
Zunächst testen wir die unterschiedlich temperierten Schwimmbecken, die aus einer eigenen heißen Quelle gespeist werden, und die außer dem Heilwasser ebenfalls noch Kaulquappen und Frösche enthalten.
Kontakte haben wir hauptsächlich mit Rentnern, die hier teilweise überwintern bzw. so lange durch die Türkei reisen, wie das Geld reicht. Unser 9-jähriger Sohn hat daraufhin entschieden, dass er Rentner von Beruf werden möchte.
Nach dem Abendessen in dem Restaurant des Campingplatzes lernen wir einen Teppichhändler kennen. Seine Teppiche und die aufgerufenen Preise reizen uns.
Tagesstrecke: 416 km
Donnerstag, 07.04.1988
Um 10.00 Uhr besuchen wir den Teppichhändler in seinem Laden. Mehrere Tees werden getrunken, dann wandern zwei Schecks über den Tisch. wir sind um DM 1.060,00 ärmer und um zwei Teppiche reicher. Dazu erhalten wir einen kleinen Knüpfrahmen als Geschenk. Die alte Kameltasche, die ich eigentlich haben wollte, und um die ich mich während der langen Feilscherei sehr bemüht habe, bekomme ich leider nicht.
Nach dem Einkauf gibt es im Wohnmobil dann nur noch Linsensuppe mit groben Würstchen aus der Dose.
Nachmittags werden die Sinter-Terrassen besichtigt. Leider können die Terrassen nur noch sonntags beflutet werden, da die Hotels zu viel Wasser für ihre Schwimmbäder aus den Quellen herausziehen.
Tagesstrecke: 0 km
Freitag, 08.04.1988
Heute wollen wir es durch das Landesinnere bis nach Istanbul schaffen. Um 10.15 Uhr können wir endlich losfahren. …
… und teilweise über gut ausgebaute Straßen schaffen wir es, über Denizli, Salihli, Akhisar, Balikesir und Bursa, um 20.00 Uhr den Hafen von Yalova zu erreichen. Mit der Fähre ersparen wir uns einige Kilometer und Zeit. Für 17.000 TL geht es sofort auf die Fähre nach Istanbul.
Um 21.30 Uhr können wir in einem Vorort im asiatischen Teil Istanbuls an Land fahren. Nach der Brückenüberquerung des Bosporus irre ich ein wenig herum, da ich die Wegweiser aus dem Campingführer nicht finde. Nach einer Rückfrage bei einem Taxifahrer, und dessen unentgeldlicher Führung, finde ich die Stadtautobahn und wir sind kurz nach 23.00 Uhr auf dem „Yesilyurt Camping“. Über der Stadt liegt dichter Smog.
Tagesstrecke: 600 km
Samstag, 09.04.1988
Nach dem Frühstück erstehen wir Busfahrkarten für 200 TL/Erw. und fahren dann in einem klapprigen und überfüllten Bus ins Zentrum.
Vor der Neuen Moschee (Yeni Camii) steigen wir aus, und beginnen unseren Rundgang mit der Jerebatan Zisterne aus dem 6. Jhdt.. Sie ist ein unterirdisches Gewölbe mit 336 Säulen und hat ein Fassungsvermögen von 80.000 cbm Wasser.
Auf dem ersten Stadthügel steht die wuchtige Sultan-Ahmed-Moschee die zu Beginn des 17. Jhdt. erbaut wurde.
Durch eine Parkanlage, vorbei am Obelisk des Theodosius, …
… erreichen wir die Hagia Sophia aus dem 6. Jhdt.. Sie hatte eine bewegte Geschichte als christliche bzw. orthodoxe Kirche, ab dem 15. Jhdt. als Moschee, zuletzt überlebte sie ab 1935 mit der Funktion eines Museums.
Weiter geht es zum Topkapi-Palast.
Die Gesamtanlage des Topkapi-Palastes besteht aus vier Höfen. Bei einem Blick zurück sehen wir die Innenansicht des Großherrlichen Tores, durch das man den Ersten Hof des Palastes betrat, und den Brunnen Ahmeds III..
Durch das Begrüßungstor gelangt man in den Zweiten Hof, in dem sich Staats- und Verwaltungsgebäude befanden.
Den Dritten Hof betritt man durch das Tor der Glückseligkeit. Dieser Hof durfte nur nach ausdrücklicher Erlaubnis betreten werden. Hier befand sich der Thronsaal, die Palastschule für den Elitenachwuchs, die Privatgemäche des Sultans.
Außerdem befand sich hier das Darüssaade, der Verbotene Ort „Harem“. Für den Einlass in den Harem müssen wir nochmals extra bezahlen. Hier haben wir eine Führung, die wir kaum verstehen (englisch/türkisch), aber umso mehr bekommen wir zu sehen.
Im Vierten Hof befanden sich weitere Parkanlagen und mehrere Pavillons.
Für türkische Verhältnisse ist der Eintrittspreis von 2000 TL/p.P. sehr teuer, dafür ist hier die zusätzliche Fotografiergebühr weggefallen. Allein die riesigen Ausmaße der Palastanlage sind schon beeindruckend.
Getoppt wird dies aber noch durch die Schätze, die es dort zu besichtigen gibt. Außer den muselmanischen Präziosen der verschiedenen Sultane, gibt es chinesisches Porzellan in allen Größen zu bestaunen, oder den berühmten Kasikci-Diamanten und das Barthaar des Mohammed.
Und weiter bewegen wir die Beine auf dem Weg zur Blauen Moschee. Auch hier wird renoviert, wie bei der Hagia Sophia. Also machen wir nur eine kurze Stippvisite und gehen zum Gülhane-Park. Dort gibt es für Markus viele Tiere und Spielgeräte. Etwas weiter säumen Verkäufer von Simit und Pistazien sowie Schuhputzer unseren Weg.
Irgendwann haben wir genug gesehen und außerdem treibt uns der Hunger zur Galata-Brücke. Unter der Brücke sind nämlich ganz viele Fisch-Restaurants. Vorher schauen wir aber bei den Fischerbooten an der Hafenmole vorbei, wo auf Holzkohlenfeuern die Fische gebraten und auf Broten an die zahlreiche Kundschaft direkt verkauft werden. Nebenan stehen die Krautverkäufer, die das Weißkraut mit verschiedenen Soßen in Wassergläsern verkaufen.
Nun schauen wir uns unter der Brücke erst einmal alle Restaurants an, und entscheiden dann, von welchem Schlepper wir uns in das entsprechende Restaurant entführen lassen wollen („Fischers Fritz fischt frische Fische“ beherrschte er perfekt.). Wir lassen uns mit Meeresvorspeisen und Fischgerichten verwöhnen, und meine MasterCard feiert ihren Premiereneinsatz mit einer Rechnung über 33.400 TL.
Wir sind satt und müde. Trotzdem brauch Markus draußen noch unbedingt ein Bratwürstchen. Jetzt suchen wir unseren Bus und fahren zurück zum Campingplatz.
Tagesstrecke: 0 km
Sonntag, 10.04.1988
Wir starten unsere Besichtigungstour Teil 2. Diesmal fahren wir mit dem Bus bis zum Aquädukt und gehen von dort zur Seksade Camii (Prinzenmoschee), die können wir sogar ohne Gerüst besichtigen.
Danach machen wir einen langen Fußmarsch zum Großen Basar, doch der hat natürlich am Sonntag geschlossen. Enttäuscht drehen wir um, und gehen zurück zur Galata-Brücke. Vor der Neuen Moschee treffen wir auf Händler, die zum Ägyptischen Bazar gehören und auch sonntags Gewürze, Blumen und Tiere (von Hühnern bis zu Schlangen) verkaufen.
In der Nähe essen wir Döner Kepab im Freien an dort aufgestellten Tischen. Ein Bier wird mir aber „im Schatten der Moschee verweigert“. Es wird aber bis auf die Stufen des heiligen Hauses Handel getrieben.
Auf der Galata-Brücke überqueren wir zu Fuß das Goldene Horn und fahren auf der anderen Seite mit der Tünel 1 (unterirdisch verlaufende Standseilbahn) in Richtung Galataturm, den wir dann auch im zweiten Anlauf im Gewirr des alten Stadtteils finden. Von Tourismus ist in den kleinen und typisch orientalisch wirkenden Gassen nichts zu spüren.
Beim Galataturm fahren wir mit dem Aufzug hoch auf die Aussichtsplattform. Von hier oben haben wir eine tolle Aussicht über die Stadt und bis hin zur Europabrücke.
Von da aus latschen wir dann meilenweit durch die Istklal Caddesi (die Straße der Unabhängigkeit), eine Prachtstraße, an der einige Botschaften liegen. Wir finden auch den ganz versteckten Eingang zur Blumen- und Fischmarktstraße (Cicek Padagi).
Dort gefällt es uns ganz besonders in einer Passage, in der sich eine Bierkneipe an die andere reiht und man viele kleine Gerichte mit Meeresfrüchten probieren kann.
Als Krönung des Tages geraten wir in die Kirche „Zur Heiligen Dreifaltigkeit“ und erleben eine bombastische armenische Hochzeit.
Danach gehen wir ziemlich planlos ab dem Taksimplatz durch die vielen Gassen in Richtung Bosporus, und weiter zur Galatabrücke. Dort besuchen wir wieder unser „Stammlokal“, und verzehren heute: Fisch, Krabben, Salat, gefüllte Muscheln und Calamares, damit die MasterCard in Bewegung bleibt. Der Bus bringt uns wieder ordnungsgemäß zum Campingplatz und wir fallen total fertig ins Bett.
Tagesstrecke: 0 km
Montag, 11.04.1988
Nachdem es gestern noch 21° waren, ist es beim Aufstehen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Trotzdem beginnen wir die Besichtigungstour Teil 3. Wir beginnen mit der Süleymaniye Camii …
… und starten anschließend unseren zweiten Anlauf zum Besuch des Großen Basars. Heute herrscht hier reges Treiben, und wir frönen unserer Kauflust. Zwischendurch erfrischen wir uns im Basar in einem originellen Café mit Tee.
Durch total verstopfte Gässchen mit den tollsten Geschäften, oft auf nur einen Artikel in allen Variationen (z.B. Knöpfe) beschränkt, gehen wir wieder in die Richtung der Neuen Moschee. Diese wollen wir heute besichtigen.
Bevor wir mit dem Bus zurück fahren, kaufen wir noch ein paar Kleinigkeiten ein. Im Wohnmobil gibt es dann einen Imbiss mit Raki bzw. Cola und Taschenkrebsen.
Am Abend leisten wir uns ein grandioses Mahl im „Hasir“, einem Restaurant in der Nähe des Campingplatzes. Es ist fantastisch, einfach super ( Originalton Lena). Wir bekommen unsere Teller mit Grillfleisch und Steaks nicht leer.
Tagesstrecke: 0 km
Dienstag, 12.04.1988
Mit dem heutigen Tag beginnt für uns die lange Heimreise. Um 08.00 Uhr starten wir nach Edirne. Markus schläft noch im Alkoven. Für die 227 km benötigen wir knapp über drei Stunden. Innerhalb von 10 Minuten erhalte ich dann im bulgarischen Konsulat die Transitvisa ohne Passbilder und Schreibkram für 22.000 TL (Für Markus muss nichts bezahlt werden.).
Wir besichtigen in Edirne schnell noch die Selimiye Camii, die Moschee mit den höchsten Minaretten der Türkei (70,90 m).
Danach kaufen wir Getränke, vor allem Raki, als wollten wir die Wüste besoffen durchqueren. Und damit wir gut durch Bulgarien kommen, tanken wir unser Auto noch mal voll.
An der türkischen Grenzstation tauschen wir noch TL in bulgarische Lewa. Man weiß nie, wofür man die brauch. Der bulgarische Grenzer kontaktiert uns als erstes mit dem „Wunsch“ eines Feuerzeuges. Er bekommt von mir aber nur einen Kugelschreiber. Nun geht das Abenteuer Bulgarien aber erst los.
Unser Bewegungsraum ist auf die festgelegte Transitstrecke beschränkt. Die Fahrt ist deprimierend. In der Türkei haben die Bauern von den Feldern, oder ein entgegenkommender Fußgänger, beim Vorbeifahren gegrüßt. Hier in Bulgarien drehen sich die Leute von uns ab. In dem Rasthaus, wo wir zu Mittag Koteletts essen, werden wir beim Bezahlen der Rechnung ohne mit der Wimper zu zucken abgezockt. Der Kellner verlangt mehr Geld als auf der Kassenmaschine angezeigt wird, und der Polizist sitzt daneben. Das Abenteuer ist noch nicht vorbei.
Um 20.00 Uhr erreichen wir die bulgarisch/jugoslawische Grenze. Die ganze Kontrolle dauert eine Stunde. Ein bulgarischer Grenzer will sich auch das Wohnmobil von innen anschauen, also darf er auch in die Toilettenkassette hinein riechen. Ich habe noch von heute Mittag „die Nase voll“.
Als ich endlich weg darf, kann es mir nicht schnell genug gehen und ich erwische die nach oben gehende Schranke mit meinem Alkoven, die mit einem lauten Knall zu Boden saust. Sofort gehen die Maschinenpistolen der Grenzer hoch, und ich bekomme Muffensausen. Nach dem ersten Schreck und ohne weitere Represalien dürfen wir weiter fahren.
Auf der anderen Seite empfängt mich Jugoslawien mit offenen Armen, und ich versuche soviel ausländisches Geld wie möglich in jugoslawische Dinar umzutauschen. Die Lewa werden genommen. türkisches bzw. griechisches Geld wird nicht getauscht. Es ist wahrscheinlich eine Ostblockvereinbarung. Lena holt deshalb 90.000 Dinar auf Scheck.
Nach einem kurzen Abendessen fahren wir um 20.20 Uhr ( die Uhr wurde jetzt um eine Stunde zurückgestellt) wieder weiter. Um 22.20 Uhr erreichen wir einen Übernachtungs-Campingplatz an der Autobahn in der Nähe von Nis.
Tagesstrecke: 722 km
Mittwoch, 13.04.1988
Es gibt Strom und heißes Wasser in der Dusche, und es ist keiner zum abkassieren da, also fahren wir weiter. Um 11.10 Uhr erreichen wir Belgrad und bezahlen bis dahin 26.400 Dinar (umgerechnet DM 39,60) an Maut. Danach kostet es uns noch einmal 4.800 Dinar. Fürs Essen und tanken verlassen wir etwas umständlich die Autobahn. Markus kann dafür zum erstan Mal seit langem wieder Fernsehen schauen, auch wenn er nichts versteht.
Wir fahren Richtung Szeged (Ungarn) und erreichen die ungarische Grenze gegen 16.00 Uhr. Es dauert endlos bis wir fotografiert, registriert und kontrolliert sind. Um 17.20 Uhr dürfen wir endlich weiterfahren. Wir sind aber auch 2.946 Forint bzw. 105,00 DM für die Visa los.
Lena überredet mich, statt zu meiner Verwandtschaft ins Burgenland zu fahren, erst noch einen Stopp in Budapest einzulegen. Um 21.00 Uhr erreichen wir den „Camping Europa“ in Budapest. Nette Leute, aber wenig Komfort, alles im Umbau.
Taggesstrecke: 659 km
Donnerstag, 14.04.1988
Draußen sind es 4°C. Heute Morgen fahren wir mit dem Wohnmobil nach Budapest rein, und suchen uns einen günstigen Parkplatz. Nachdem wir uns ungarische Forint auf Scheck geholt haben, tauschen wir heute in der Bank noch unsere griechischen Drachmen in Forint um. Das geht hier.
Zuerst fahren wir mit einer Zahnradbahn hoch zur Burg. Wir sind ganz begeistert und besichtigen die Mathiaskirche …
… und anschließend das Labyrinth unter dem Budaer Schloß. Wir haben dort eine „Privatführung“, nehmen einen Imbiss ein und hören Einiges über die ungarische Geschichte.
Auf der Suche nach einem Restaurant mit deftiger ungarischer Küche, landen wir in Pest bei einem Nobel-Chinesen mit Szechuan-Küche. Welch ein Gegensatz zu den Vorsätzen. Trotzdem schwärmen wir noch lange davon. Das Vergnügen kostet etwa DM 50,00.
Um 14.10 Uhr verlassen wir Budapest und erreichen um 17.30 Uhr die österr./ungarische Grenze bei Nickelsdorf. Wir werden schnell aus Ungarn rausgelassen, nachdem ich den Grenzern erklärt habe, dass wir kein Geld ausführen, sondern alles im Land gelassen haben.
Auf der österreichischen Seite können wir dann auch noch unser restliches türkisches Geld in österreichische Schillinge umtauschen. Bei meiner Verwandtschaft in Neudorf (Burgenland) werden wir freudig begrüßt. Wir müssen viel erzählen, viel essen, viel Wein trinken etc. …..
Tagesstrecke: 230 km
Freitag, 15.04.1988
Damit Markus trotz der Verwandtschaftsbesuche zu seinem Recht kommt, fahren wir nach Neusiedl am See und gehen ins Schwimmbad. Anschließend ist wieder Verwandtschaft angesagt.
Tagesstrecke: 30 km
Samstag, 16.04.1988
Wir fahren heim. Über Wien fahren wir zuerst mal nach Melk. Wir besichtigen das Kloster und essen dort früh zu Mittag.
Weiter geht es nach Schärding. Da ich mal wieder zum Urlaubsabschluß Lüngerl mit Semmelknödel essen möchte, steuern wir am frühen Abend den noblen Gasthof „Forstingers Wirtshaus“, ein ****-Hotel an. Wir beschränken uns beim Essen auf Kleinigkeiten und machen trotzdem dort eine große Rechnung. Der Wirt ist ein Original, und die Küche des Restaurants ist spitze. Wenn wir mal viel Geld haben, können wir dort ausgiebig essen gehen.
Uns ist aufgefallen, dass die Restaurants, die wir seit der Galata-Brücke in Istanbul ausgesucht haben, immer nobler geworden sind.
Um 19.10 Uhr erreichen wir die deutsche Grenze auf einer Landstraße bei Passau. Die letzte Zollkontrolle fällt aus. Außer uns ist kein Auto zu sehen. Es ist halt eine Nebenstrecke. Wir haben dadurch unsere gesamten Mitbringsel heil nach Deutschland gebracht. Wir fahren jetzt wieder auf die Autobahn und über Nürnberg weiter. Irgendwo im fränkischen Jura übernachten wir.
Tagesstrecke: 532 km
Sonntag, 17.04.1988
Um 08.55 Uhr fahren wir schon wieder los. Über die A3 kommen wir flott voran und erreichen unser Zuhause um 12.30 Uhr. Dort erwartet uns schon unser vierbeiniger Wach-Kater und meckert uns an, weil wir einfach so lange verschwunden sind. Denn er hatte in der Zwischenzeit so viel Ärger mit den Brief- und Zeitungsausträgern. Es war noch einige Tage Schmollen angesagt, dann war alles wieder gut.
Tagesstrecke: 337 km